
Zum Brunch im 27. März 2012 hatte die FDP Tiergarten Hauptmann Christian Janke, Jugendoffizier der Bundeswehr zu Gast. Ein Schwerpunkt der Diskussion fokussierte sich um den Themenkreis Afghanistan, zu dem Janke aus eigener Erfahrung berichten konnte. Dabei ging es nicht nur um die komplexe politische Gemengelage, sondern in erster Linie auch um den Alltag der Bevölkerung und die Berichterstattung in den deutschen Medien. Hier wird über die Fortschritte des zivilen Lebens nur wenig berichtet – von Interesse sind vor allem die negativen Aspekte, die die Meinung der Öffentlichkeit prägen und somit ein schiefes Bild von der Realität vor Ort vermitteln.
Unterschieden werden muss vor allem zwischen dem Leben in der Großstadt, wo auch die Polizei verhältnismäßig schnell vor Ort sein kann, wenn es zu Übergriffen kommt, und wo die Lebensverhältnisse denen anderer Schwellenländer wie etwa Rumänien entsprechen, und dem Leben auf dem Land, wo nach wie vor ein großer Zwang zur Selbstverteidigung herrscht. Diese Lebensart ist für deutsche Soldaten ungewohnt, und es erfordert Einfühlungsvermögen, angemessen auf die ungewohnte Situation zu reagieren. Die gute Nachricht: Afghanistan ist weniger problematisch, als es uns immer wieder suggeriert wird, denn, so Janke, die Bevölkerung sei sehr an Indien ausgerichtet und viel mehr an Bollywood als an politischem Terror interessiert. Das Problemland in der Region sei vielmehr Pakistan – wie auch das Versteck Osama bin Ladens gezeigt habe.
Auf die Frage, was die Politik für die Bundeswehr tun könne, gab es keine klare Antwort. Vielmehr sind die Probleme, die die Bundeswehr augenscheinlich hat, wohl in erster Linie
gesellschaftspolitischer Natur. Oftmals fehle es an Anerkennung seitens der Bevölkerung. Dazu tragen nicht zuletzt die Medien und gesellschaftliche Gruppierungen bei, die gerne an den von Franz
Josef Strauß im Wahlkampf 1949 getätigten Ausspruch erinnern: „Wer noch einmal eine Waffe in die Hand nimmt, dem soll die Hand abfallen.“ Das ist zwar lange her, doch offenbar steht die völlig
verständliche „Nie wieder“-Rhetorik in einem starken Spannungsfeld zu den realen gesellschaftlichen Gegebenheiten. Hier ist in erster Linie Aufklärungsarbeit und offene, transparente
Kommunikation gefragt. Es ist wohl ein mühseliger Prozess in Deutschland, das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer gut funktionierenden und gut ausgerüsteten Armee zu schaffen, die auf
rechtsstaatlichen Prinzipien basiert.
Janke bedauerte auch, dass das Weißbuch der Bundesregierung zur deutschen Sicherheitspolitik in der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen wurde – stattdessen holten die deutsche
Pressevertreter Bilder von deutschen Soldaten aus der Schublade, die sich an Totenschädeln als Trophäen ergötzten – Kriegsberichterstattung ist auch knallharte Politik. Fazit: Wer sich über
deutsche Politik informieren möchte, sollte sich nicht auf die Berichterstattung der deutschen Presse verlassen. Und wer sich unvoreingenommen über die Ziele der deutschen Sicherheitspolitik
informieren möchte sollte daher wohl besser selbst mal einen Blick in die zitierte Studie werfen: http://merln.ndu.edu/whitepapers/Germany_Weissbuch_2006_oB_sig.pdf
von Dr. Nikoline Hansen